12.01.2009 09:00 Frauen-WM 2011 DFB.DE GESPRÄCH DER WOCHE
Jones: "Unsere WM-Städte sind Motor der WM-Vorfreude"
Am 1. Januar 2008 trat Steffi Jones offiziell ihr Amt als Präsidentin des Organisationskomitees für die FIFA Frauen-WM 2011 an. Seitdem avancierte die 36 Jahre alte ehemalige Nationalspielerin zum Gesicht und Aushängeschild der ersten Frauenfußball-WM in Deutschland. Gleichwohl ist die OK-Chefin auch rund zwölf Monate nach ihrem Arbeitsbeginn immer wieder mal "überrascht von der Vielschichtigkeit der OK-Aufgaben".
Im aktuellen "DFB.de-Gespräch der Woche" mit DFB-Redakteur Wolfgang Tobien beschreibt Steffi Jones den aktuellen Stand der Vorbereitungen, nennt zugleich aber auch die wichtigsten Vorhaben für das Jahr 2009 mit dem Start des Eintrittskarten-Verkaufs als zentralem Thema.
Sie sagt zudem, wie sie sich selbst mit ihrem anspruchsvollen Auftrag verändert hat, und betont, dass sich vor allem die Frauenfußball-Bundesliga jetzt schon weiter entwickeln muss, wenn der Schwung und die Begeisterung, die die WM 2011 auslösen werden, sich nachhaltig auf den Spitzen- und den Mädchenfußball auswirken sollen.
Frage: Wo und wie haben Sie den Wechsel ins Jahr 2009 verbracht?
Steffi Jones: Erstmals etwas weiter weg, auf Mauritius. Dort war für mich Erholung pur angesagt nach einem sehr anstrengenden Jahr, um Kraft zu sammeln für die vielen Aufgaben, die 2009 anstehen.
Frage: Sicherlich haben Sie auch im Urlaub hin und wieder zurückgeblickt auf Ihr erstes Dienstjahr als OK-Präsidentin. Was war für Sie persönlich das Highlight 2008?
Jones: Meine Berufung zur OK-Präsidentin kam für mich sehr überraschend, und die meisten Aufgaben waren für mich neu und daher alle Auftritte sehr spannend. Am beeindruckendsten aber war, als mich Chiles Staatspräsidentin Michelle Bachelet in ihrem Amtssitz in Santiago empfangen hat.
Frage: Wo steht das OK nach dem ersten Jahr seiner WM-Vorbereitungen?
Jones: Mit dem Wissen der hervorragend organisierten WM 2006 kennt unser OK genau die nächsten Schritte, auf die wir bestens vorbereitet sind. Ich bin mit dem Stand der Dinge sehr zufrieden und weiß, dass wir mehr als gut im Zeitplan liegen.
Frage: Wie sieht es im Marketingbereich aus? Ende 2008 sollten die sechs Nationalen Förderer feststehen, die ungefähr die Hälfte des 51 Millionen Euro umfassenden WM-Etats aufbringen.
Jones: Zwei Verträge sind unter Dach und Fach. Bei den anderen sieht es sehr vielversprechend aus. Die mündlichen Zusagen wurden im Wesentlichen gegeben. Wir müssen uns keine Sorgen machen. Die Sponsoring-Einnahmen sind ebenso wichtig für den Ausgleich unseres Budgets wie die Eintrittsgelder, zumal wir keinerlei öffentliche Mittel beanspruchen.
Frage: Wie steht es zweieinhalb Jahre vor dem Anpfiff mit der öffentlichen Wahrnehmung der ersten Frauenfußball-WM in Deutschland?
Jones: Hier spiegelt sich ein großer Unterschied zur WM 2006 wider, die vom ersten Tag der Vorbereitung als nationales Ereignis wahrgenommen wurde und von dort ihre Auswirkungen in die regionalen und lokalen Bereiche hatte. Diesmal ist es umgekehrt. Diesmal gehen die großen Impulse von den WM-Spielorten aus, wo wir gerade während unserer Antrittsbesuche vor wenigen Wochen schon eine große Begeisterung und immenses Engagement feststellen konnten. Von dort wird die WM-Leidenschaft in den nächsten Monaten ins ganze Land überspringen. Unsere WM-Städte sind der Motor der WM-Vorfreude. Das zeigt sich heute schon ganz deutlich.
Frage: Sie selbst sind für immer mehr Menschen in Deutschland und auch im Ausland das Gesicht der WM 2011. Überrascht Sie dieses so schnell gewonnene positive Image und Ihre bereits erstaunlich große Popularität?
Jones: Das ging schon überraschend schnell. Egal, wo ich hinkomme, erkennt man mich und kennt mich inzwischen. Doch ich sehe nicht mich im Vordergrund oder im Mittelpunkt. Wichtig ist allein, dass die Menschen mich in Verbindung mit der WM 2011 sehen. In diesem Sinn sollten wir auch die Popularität unserer Nationalspielerinnen generell noch mehr nutzen.
Frage: Wie beurteilen sie zu Beginn Ihres zweiten Amtsjahrs Ihre Position als Chefin des Organisationskomitees?
Jones: Ich sehe mich als Mitspielerin in einem tollen Team, das die riesige Palette der zu lösenden Aufgaben hervorragend im Griff hat. Ich bin immer wieder mal überrascht von der Vielfalt und Vielschichtigkeit des uns gestellten Auftrags, den ich mir als Spielerin so gar nicht vorgestellt hatte. Ich übernehme aber gerne die Verantwortung als Chefin. Es ist wie früher auf dem Fußballplatz – als Spielführerin braucht man das Einfühlungsvermögen, um etwaige Fehlentwicklungen und Unstimmigkeiten, aber manchmal auch die Notwendigkeit von Zuspruch schon früh zu erkennen, Gerade Frauen scheinen hierfür besser geeignet. Ich weiß damit umzugehen, weil ich immer den Teamgeist im Visier habe.
Frage: Hat Sie Ihr herausgehobenes Amt inzwischen verändert?
Jones: Ich fühle mich mittlerweile sicherer. Auch im Umgang mit Menschen, von denen ich früher meinte, sie spielen in einer anderen Liga. Und ich habe mir angeeignet, weiterhin locker zu sein, mich aber dennoch kürzer und präziser in meinen Aussagen zu fassen. Allein schon deshalb, weil sich viele Fragen wiederholen und ich folglich die Antworten schon parat habe. Dennoch möchte ich weiterhin spontan und authentisch sein. Zumal ich spüre, dass mir alle wohl gesonnen sind, und ich nicht das Gefühl habe, dass mich irgendwer in eine Falle laufen lassen will.
Frage: Welches sind die wichtigsten Weichenstellungen in diesem Jahr?
Jones: Über allem steht der Start des Eintrittskarten-Verkaufs. Die erste Verkaufsphase im kommenden Herbst ist mit die wichtigste. Hierfür müssen wir Begeisterung wecken und die Vorfreude schüren. Und mit einem schlüssigen Ticketing-Konzept vorbereitet sein. Hinzu kommen weitere flankierende Maßnahmen wie der Start der Countdown-Veranstaltungen in den WM-Städten sowie die Präsentation des Spielplans, des Slogans, des Maskottchens oder des WM-Posters. 2009 werden wir zwölf Monate voll gepackt mit Höhepunkten haben. Mit unseren WM-Botschafterinnen Silke Rottenberg, Renate Lingor, Britta Carlson und Sandra Minnert im Dauereinsatz.
Frage: Von welcher Seite kann und muss in Sachen WM-Begeisterung zusätzliche Anschubhilfe kommen?
Jones: Ich hoffe, dass wir auf die tatkräftige Unterstützung unserer Nationalen Förderer bauen können. Und ich rechne zum Beispiel mit starkem Rückenwind durch mitreißende Spiele und Erfolge unserer Frauen-Nationalmannschaft als Titelverteidiger bei der EM in diesem Jahr.
Frage: Nach fast 250.000 Flugmeilen im Jahr 2008 – wo wird 2009 der Schwerpunkt Ihrer Arbeit als OK-Präsidentin liegen?
Jones: Vor allem im nationalen Bereich, wo ich weiter mithelfen will, den Bekanntheitsgrad der WM 2011 zu steigern. Damit der Verkaufsstart der Tickets ein durchschlagender Erfolg wird.
Frage: Im zweiten Halbjahr 2009 bekommt die WM 2011 mit den ersten Qualifikationsspielen auch sportlich konkrete Konturen. Werden Sie bei dem einen oder anderen Ausscheidungsspiel vor Ort sein?
Jones: Eher 2010, wenn die Qualifikation voll in Gang ist.
Frage: Wo steht der Frauenfußball in Deutschland nach einem Jahr auch sehr öffentlichkeitsintensiver WM-Vorbereitung?
Jones: Er steht immer mehr mal punktuell im Fokus. Die große Frage ist: Wie entwickelt sich die Frauen-Bundesliga, was kann sie sich von der WM 2011 erhoffen?
Frage: Am letzten Vorrundenspieltag der Frauen-Bundesliga sahen 463 Zuschauer das Spitzenspiel zwischen Tabellenführer Bayern München und Verfolger Potsdam. Was sagt Ihnen diese Zahl?
Jones: Diese Zahl verweist auf die absolute Notwendigkeit, dass die Frauen-Bundesliga schon jetzt die Strukturen schaffen muss, um den Schwung der WM zu langfristigem Nutzen und Profit ausbauen zu können. Ich ermahne die Bundesligvereine immer wieder zu Eigeninitiative, um auf sich und ihr im Grunde ja sehr gutes Produkt beim Publikum und bei den Medien und damit auch bei den Sponsoren aufmerksam zu machen. Wir vom OK wollen helfen, die Bundesliga zu pushen. Doch wir können immer nur kurzfristige Impulse geben. Die entscheidenden langfristigen Beiträge müssen die Bundesligisten selbst leisten, in den Schulen und in den Landesverbänden. Und sie sollten, um Aufmerksamkeit zu erzielen, Stars und Persönlichkeiten präsentieren können. FIFA-Präsident Sepp Blatter hat Recht mit der Feststellung, dass dem Frauenfußball insgesamt noch die Starkultur fehle.
Frage: Immerhin präsentiert sich die höchste deutsche Frauenfußball-Spielklasse in dieser Saison ausgeglichener als in den Jahren zuvor. Eine hilfreiche Entwicklung mit Blick auf die WM-Vorbereitung?
Jones: Das ist in der Tat hilfreich. Und es zeigt sich, dass die Vereine, die in den vergangenen Jahren ihre Nachwuchsarbeit forciert und ausgebaut haben, jetzt davon profitieren. Der nächste Schritt sollte sein, dass sich das Halbprofitum in der Bundesliga durchsetzt, damit die Spielerinnen sich dort intensiver auf den Fußball und natürlich auch auf ihren Schulabschluss konzentrieren können und nicht verheizt werden. Gerade in diesem Zusammenhang sind die Fußballinternate und die Eliteschulen des DFB sehr effektiv.
Frage: Mit welchen Maßnahmen wird 2009 die Organisation der U 20 WM 2010 in Deutschland weiter voran getrieben?
Jones: Dass die Spiele U 20 Frauen-WM Ende vergangenen Jahres in Chile teilweise vor 16.000 Zuschauern stattgefunden haben, sollte uns ein Ansporn sein. Uli Wolter, unser OK-Gesamtkoordinator, war zusammen mit Winfried Naß, dem OK-Abteilungsleiter Städte und Stadien, vor Ort dabei. Sie haben sich genau umgesehen und kamen mit sehr positiven Erfahrungswerten zurück. Ich selbst habe miterlebt, wie die U 17-WM der Juniorinnen in Neuseeland ebenfalls mit teilweise 17.000 Zuschauern hervorragend besucht war. Was in Chile und Neuseeland möglich war, sollte in einem Frauenfußball-Land wie Deutschland erst recht realisiert werden können. Unsere U 20-WM vom 14. Juli bis 1. August 2010 muss ein Highlight werden. Eine erste Basis ist mit den vier Spielorten Bochum, Bielefeld, Dresden und Augsburg bereits geschaffen.
Frage: Wie sieht es mit den Kampagnen aus, die vor allem den Stellenwert des Mädchenfußballs nach der WM 2011 sicherstellen sollen?
Jones: Über die Sozialkampagnen wollen wir uns einbringen in das große Charity-Projekt im Zusammenhang mit der WM 2011. Unsere Nationalspielerinnen und Nationalspieler unterstützen ja selbst viele Projekte, wodurch das soziale Engagement im DFB breit gestreut ist. Das Zweite ist die Nachhaltigkeitskampagne, mit der die Mädchen an der Basis, sprich in der Schule, abgeholt und in die Vereine gebracht werden sollen. Dazu gehört auch die Ausbildung der Übungsleiter in den Vereinen. Der Zulauf in die Vereine ist beachtlich, doch dort fehlt es an Trainerinnen und Trainern.
Frage: Seit September 2008 sind Sie Mitglied der FIFA-Kommission für Frauenfußball. Mit welchen konkreten Aufgaben?
Jones: Für mich ist wichtig, dass ich als OK-Präsidentin unmittelbar eingebunden bin und so aus erster Hand bei der FIFA, dem WM-Veranstalter, informiert werde, wohin der Ball 2011 rollen wird.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen