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Macht die 200 voll: Birgit Prinz |
Birgit Prinz hat im Frauenfußball alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Und die Spielführerin der deutschen Frauen-Nationalmannschaft hört nicht auf, neue Maßstäbe zu setzen. In der Partie gegen Nordkorea bestreitet sie ihr 200. Länderspiel. So viele Berufungen in die Nationalmannschaft haben noch kein Spieler und keine Spielerin in der 110 Jahre währenden Historie des Deutschen Fußball-Bundes erhalten. Anlässlich des Jubiläums unterhielt sich DFB.de-Redakteur Niels Barnhofer mit Birgit Prinz über Zahlen, die Zunft und die Zukunft.
DFB.de: Birgit Prinz, Sie beschäftigen sich seit neuestem mit Zahlen?
Prinz: Ich weiß worauf Sie hinaus wollen, aber ich kann noch nicht den Zusammenhang zum Fußball entdecken, worüber wir ja eigentlich reden wollten.
DFB.de: Als Fußballerin haben Sie immer wieder betont, sich nichts aus Statistiken zu machen, jetzt arbeiten Sie an Ihrer Diplomarbeit und als Psychologie-Studentin müssen Sie sich intensiv mit Empirie beschäftigen. Hat sich dadurch Ihr Verhältnis zu Zahlen geändert?
Prinz: Ja, manch einer mag überrascht sein, wie viel man mit Zahlen in der Psychologie zu tun hat. Das ist kein Problem für mich. Und in Bezug auf den Fußball habe ich auch gar nichts dagegen, dass Statistiken geführt werden. Nur für mich sind sie nicht von Bedeutung, weil ich keine Tabellen über meine Spielzeiten, Einsätze oder Tore führe, darin sehe ich keinen Mehrwert für mich, das ist keine Quelle der Inspiration oder Motivation.
Stationen einer einzigartigen Karriere
DFB.de: Wie ordnen Sie denn dann Ihr 200. Länderspiel ein?
Prinz: Sie haben ja das Thema Empirie aufgeworfen, insofern könnte ich jetzt erst einmal zurückfragen: In welchem Kontext? Sport allgemein? Da wären 200 Länderspiele nicht so ungewöhnlich, wenn man sich mal anschaut, wie viele Einsätze in der Nationalmannschaft beispielsweise die Handballer, Basketballer oder Eishockeyspieler aufweisen. Oder im nationalen oder internationalen Vergleich? Da relativieren sich 200 Länderspiele ganz schnell, wenn man sieht, dass zum Beispiel eine Kristine Lilly deutlich mehr als 300 Länderspiele für die USA bestritten hat.
DFB.de: Verstanden. Dann fügen wir die Konstanten Fußball und Deutschland ein. Wie fällt in diesem Zusammenhang Ihre Deutung aus?
Prinz: Mir ist schon bewusst, dass im deutschen Fußball noch niemand 200 Länderspiele vorweisen kann. Aber rein wissenschaftlich betrachtet, sollte ich diese Frage wegen Befangenheit nicht beantworten müssen.
DFB.de: Bedeutet Ihnen denn dieses Jubiläum gar nichts?
Prinz: Das habe ich nicht gesagt. Natürlich freue ich mich, eine solche Marke erreicht zu haben. Aber das zu bewerten, möchte ich anderen überlassen.
DFB.de: Andere bezeichnen Sie mitunter als Ikone des Frauenfußballs. Was sagen Sie dazu?
Prinz: Ich muss gestehen, dass ich mit dieser Aussage bisher nicht konfrontiert worden bin. Keine Frage, dass sie mir schmeichelt. Aber ich sehe eine Ikone eher in einem kirchlichen Kontext.
DFB.de: Sie gelten auch als Vorbild für Jugendliche. Wie gehen Sie damit um?
Prinz: Ganz natürlich, wenn ich mich dafür verbiegen müsste, wäre es schwierig. Als Sportlerin habe ich hohe Ansprüche an mich selbst und wenn andere darin einen Weg sehen, der nachahmenswert ist, sehe ich das als Kompliment an. Und was mein Verhalten außerhalb des Feldes angeht, so denke ich, habe ich eine ordentliche Kinderstube genossen, die es mir auch erlaubt, so aufzutreten wie ich bin.
DFB.de: Wie sehen Sie sich selbst?
Prinz: Als Mensch. Als Fußballerin. Nicht als Star. Ich habe mit dem Fußballspielen angefangen, weil es mir Spaß gemacht hat. An diesem Ansatz hat sich bis heute nichts geändert. Die Kombination aus Fußball und meiner Persönlichkeit sind die Faktoren, aus der sich meine Motivation nährt. Es ist nicht so, dass ich dank meiner Leistungen in die Öffentlichkeit will. Da fühle ich mich nicht Zuhause. Die Pressearbeit gehört zwar zum Fußball dazu, dessen bin ich mir bewusst, und ich habe es auch mal eine Weile versucht, sie intensiv zu begleiten, aber es ist nicht meine Welt. Ich bin nicht der Mensch, der von einem Interview zum nächsten und von einer Sendung zur anderen gehen will.
DFB.de: Sie spielen nun seit 16 Jahren in der Nationalmannschaft. In dieser Zeit hat sich nicht nur die Resonanz in den Medien verändert. Welche Entwicklung hat der Frauenfußball Ihrer Meinung nach genommen?
Prinz: Eine gewaltige! Meiner Meinung nach sind Verbesserungen in allen Bereichen festzustellen. Hauptgrund dafür ist, dass die Fußballerinnen eine immer intensivere und umfangreichere Betreuung erhalten. Dadurch werden die Spielerinnen einfach besser ausgebildet. Das spiegelt sich in allen Aspekten wider. In punkto Athletik, taktische und technische Schulung sind immense Fortschritte erzielt worden. Man merkt das auch daran, dass die Konkurrenz national wie international immer größer wird sowohl auf Vereins- als auch auf Nationalmannschaftsebene.
DFB.de: Welche Veränderungen sind die gravierendsten?
Prinz: Beschreiben kann man das wohl am ehesten mit der wachsenden Professionalisierung des Frauenfußballs. Es werden immer bessere Voraussetzungen geschaffen. Auf dem Platz macht sich das durch ein höheres Spieltempo und intensiveres Zweikampfverhalten bemerkbar.
DFB.de: Haben Sie das Gefühl, selbst zu einer Entwicklung beigetragen zu haben?
Prinz: Nein, so weit würde ich nicht gehen. Im Endeffekt geben die Trainer mit den Trainingsinhalten die Trends vor. Natürlich wird man von den Trainern immer mal wieder darauf hingewiesen, dass man sich mal anschauen soll, wie die eine Spielerin das und die andere Spielerin jenes macht. Aber ich hatte deswegen nicht das Gefühl, kopiert zu werden. Was ja auch insofern schwer wäre, da jede Spielerin ganz individuelle Voraussetzungen mitbringt. Da gleicht keine der anderen.
DFB.de: Sie bringen ganz offensichtlich hervorragende Voraussetzungen mit. Wie schaffen Sie es so lange auf höchstem Niveau zu spielen?
Prinz: Da muss ich leider enttäuschen. Ich kann mit keinem Patentrezept oder irgendwelchen Geheimnissen aufwarten. Ich habe einfach das Glück, dass ich das, was ich mache, gerne mache.
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Bescheiden im Erfolg: Prinz |
DFB.de: Hatten Sie schon einmal das Gefühl, an Ihre Grenzen zu stoßen?
Prinz: Ja, natürlich. Ich empfinde das als einen großen Reiz im Sport. Sich stetig verbessern zu können, seine Grenzen immer wieder neu zu stecken und zu erfahren, da gibt es trotzdem noch unausgereiztes Potenzial. Das müssen keine großen Fortschritte sein, da reichen auch kleine. Einfach festzustellen, sich verbessert zu haben, ist ein persönlicher Erfolg. Daraus generiert sich Freude und Zufriedenheit. Und das ist der Spaß am Sport, der mich motiviert.
DFB.de: Was möchte die Fußballerin Birgit Prinz denn noch an sich verbessern?
Prinz: Da gibt es einige Dinge. Ich finde immer etwas. In dieser Hinsicht bin ich recht kreativ. Ich bin fern davon zu behaupten, ich sei perfekt.
DFB.de: Das klingt, als hätten Sie noch einiges vor. Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?
Prinz: Mit der Nationalmannschaft ist natürlich die Teilnahme an WM 2011 im eigenen Land mein Ziel. Ich hoffe, dass ich gesund bleibe und eine Form haben werde, die eine Nominierung für das Turnier rechtfertigt.