Samstag, 22. August 2009

Interview mit Doris Fitschen

10.08.2009 13:44 Frauen-Nationalmannschaft

Fitschen im Interview: "Die Tendenz geht zu fifty-fifty"

Auf Expansionskurs mit dem Frauenfußball: Doris Fitschen  © Bongarts/GettyImages
Auf Expansionskurs mit dem Frauenfußball: Doris Fitschen

Doris Fitschen ist ab sofort Managerin der deutschen Frauen-Nationalmannschaft. Und damit in der DFB-Struktur das Pendant zu Oliver Bierhoff. Im DFB.de-Interview spricht die 144-malige Nationalspielerin über die rasant wachsende Fußballbegeisterung der Frauen.

Frage: Frau Fitschen, zu Ihrem neuen Aufgabengebiet zählt auch das Marketing. Wer sind die wichtigen Wirtschaftspartner der deutschen Frauen-Nationalmannschaft?

Doris Fitschen: Neben dem Hauptsponsor, dem Küchenhersteller ALNO, haben wir fünf Premium-Partner: Deutsche Telekom, Commerzbank, Bitburger, REWE und die Deutsche Post. An den dadurch generierten Einnahmen des DFB wird unsere Frauen-Nationalmannschaft beteiligt. Damit sind aber auch zahlreiche Verpflichtungen verbunden. Unsere Partner stellen heute zurecht größere Anforderungen an die Frauen-Nationalmannschaft. Meine Aufgabe wird sein, diese Aktivitäten zu koordinieren.

Frage: Worin liegt der Hauptanreiz für einen Sponsor, sein Geld im Frauenfußball zu investieren?

Fitschen: Fußball zieht immer, das ist einfach die Sportart mit Mehrheitsgarantie in Deutschland. Zweitens beobachten wir, dass die Zielgruppe Frauen für viele Unternehmen immer wichtiger wird. Bestes Beispiel ist die Einzelhandelskette REWE, deren Kernzielgruppe Frauen sind, und für die die Partnerschaft mit der Frauen-Nationalmannschaft eine optimale Kombination darstellt. Die WM 2011 wird den Boom im Frauenfußball weiter anfeuern. Ohnehin verfolgen Frauen deutlich stärker das Fußballgeschehen als etwa noch vor zehn Jahren. Sowohl vor den Fernsehern als auch im Stadion geht die Tendenz zu fifty-fifty, also zu einem ausgeglichen Verhältnis bei den Fans zwischen Frauen und Männern. Dabei ist es nicht so entscheidend, ob unten Frauen oder Männer, Nationalmannschaft oder Klubteams spielen.

Frage: Am 24. August starten die deutschen Frauen mit dem schweren Gruppenspiel gegen Norwegen in die Europameisterschaft. Werden Sie die Mannschaft begleiten und wie wichtig ist, zwei Jahre vor der WM im eigenen Land, ein sportlich erfolgreiches Abschneiden auch für Ihre Arbeit?

Fitschen: Ich bin von Anfang an in Finnland dabei. Natürlich zählen wir zum Favoritenkreis, schließlich wurden wir bereits sechsmal Europameister. In den Vorbereitungsspielen, etwa gegen Rußland, haben wir aber auch erleben müssen, wie eng es manchmal wird. Bezogen auf meine Aufgabe: Die Akquisition neuer Wirtschaftspartner müssen wir erst einmal nicht machen, da alle bestehenden Verträge bis über das Jahr 2011 hinaus gehen. Es dreht sich beim Marketing der Frauen-Nationalmannschaft jetzt also in erster Linie um die reibungslose Umsetzung der bestehenden Vertragsvereinbarungen. Davon abgesehen, bringt ein erfolgreiches Abschneiden öffentliche Aufmerksamkeit. Das ist für die Sponsoren natürlich auch klasse, wenn sie sich mit dem neuen Europameister assoziieren können. Andererseits: Wenn man jetzt den Titel holt, wächst der Druck bis zur WM umso mehr.

Ein starkes Duo: Fitschen (r.) und Steffi Jones  © Bongarts/GettyImages
Ein starkes Duo: Fitschen (r.) und Steffi Jones

Frage: Als Managerin der Frauen-Nationalmannschaft und Abteilungsleiterin Marketing beim Organisationskomitee der Frauen-WM sind Sie jetzt in beiden Schlüsselbereichen des Frauenfußballs an zentraler Stelle. Ist das von der Belastung überhaupt abzuarbeiten?

Fitschen: Nein (lacht). Es muss sicherlich umstrukturiert und entlastet werden. Wenn alle mithelfen, geht das schon. Neben der Umsetzung der Sponsoring-Aktivitäten, umfasst das Tätigkeitsfeld bei der Nationalmannschaft auch die Public Relations, wobei ich hier eng mit unserem Pressesprecher Niels Barnhofer zusammenarbeite. Dazu kommen Anforderungen durch andere DFB-Initiativen, etwa der Schul- und Vereinskampagne TEAM 2011 oder den gebauten DFB-Mini-Spielfeldern. Ich freue mich auf die neue, spannende Herausforderung. Der Frauenfußball wird in den nächsten zwei Jahren einen großen Entwicklungsschritt machen und ich freue mich, an entscheidender Stelle mitwirken zu können. Silvia Neid und DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach, dazu DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger und Hannelore Ratzeburg, Vize-Präsidentin Frauen- und Mädchenfußball, sind meine wichtigen Ansprechpartner bei dieser koordinierenden Aufgabe, die selbstverständlich eng abgestimmt wird mit Steffi Jones und Uli Wolter, den Verantwortlichen beim Organisationskomitee für die kommende Frauen-WM.

Frage: Wo steht der Frauenfußball im Jahr 2015? Was wollen Sie bis dahin erreicht haben, für die Frauen und mit den Frauen?

Fitschen: Ich wünsche mir, dass wir in der Breite noch erfolgreicher arbeiten, also dass noch viel mehr Mädchen anfangen, Fußball zu spielen. Schon jetzt ist das prozentual gesehen die am schnellsten wachsende Untergruppe bei den DFB-Mitgliedern. Dass durch die kommende Frauen-WM nicht nur die Spitze in Form von Nationalmannschaft und Bundesliga gefördert wird, sondern auch der Breitensport, ist eine klare Zielsetzung. Und in der Spitze müssen wir darauf hinwirken, noch mehr Zuschauer für unsere starken Frauen zu begeistern, bei der Nationalmannschaft wie auch bei der Bundesliga. Wir müssen die bestehende Schere zwischen Nationalmannschaft und Frauen-Bundesliga schließen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen