Samstag, 8. August 2009

Interview mit Thomas Ernst

30.07.2009 15:36 Frauen-Nationalmannschaft

Thomas Ernst hofft auf 20.000 Zuschauer in Bochum

Vorfreude: Thomas Ernst (l.) und Annike Krahn  © DFB
Vorfreude: Thomas Ernst (l.) und Annike Krahn

Thomas Ernst macht keinen Hehl daraus. Zum Frauenfußball besitzt das Vorstandsmitglied des VfL Bochum eine große Affinität. Seine Ehefrau Kerstin spielte früher in der Bundesliga für den FSV Frankfurt und in der deutschen Frauen-Nationalmannschaft. Außerdem arbeitete der ehemalige Bundesliga-Torwart für einige Monate als Torwart-Trainer der DFB-Auswahl.

Aber auch vor dem Hintergrund, dass Bochum Spielort der U 20-Weltmeisterschaft im kommenden Jahr und der WM 2011 ist, blickt Thomas Ernst dem Länderspiel gegen Russland am 6. August im rewirpowerSTADION mit besonderem Interesse entgegen.

Frage: Thomas Ernst, wie viele Tickets werden Sie für das Russland-Länderspiel bestellen?

Thomas Ernst: Oh, das weiß ich nicht genau, aber es werden einige sein. Ich habe eine frauenfußballbegeisterte Familie. Und vor allen Dingen meine Frau lässt einfach nicht locker, neue Interessenten für das Länderspiel zu gewinnen.

Frage: Woher rührt das große Interesse für den Frauenfußball?

Ernst: Bei mir gibt es einige Berührungspunkte mit dem Frauenfußball. Meine Frau war selbst Bundesliga- und Nationalspielerin. Ich selbst habe eine Weile als Torwart-Trainer der deutschen Frauen-Nationalmannschaft gearbeitet. Von daher weiß ich ziemlich genau, dass es sich bei ihnen um sehr sympathische und nette Mädels handelt, die aber auch sehr professionell und zielgerichtet arbeiten.

Frage: Seit wann sind Sie dem Frauenfußball verbunden?

Thomas Ernst: Schon seit einer halben Ewigkeit. Ich habe Ende der 80-er Jahre, als ich noch bei Eintracht Frankfurt spielte, übergangsweise das Frauen-Team der DJK Schwarz-Weiß Wiesbaden trainiert. Meine damalige Freundin hatte dort gespielt.

Frage: Mussten die Spielerinnen lange betteln, bevor Sie die Zusage gegeben hatten?

Ernst: Nein, die mussten mich nicht beknien. Ich kannte die Mannschaft ja schon vorher. Ich hatte gelegentlich bei deren Spielen und Training zugeguckt. Ich fand die Aufgabe ganz reizvoll, weil man so den Vergleich zwischen Männer- und Frauenfußball erhält.

Frage: Welche Erkenntnisse haben Sie diesbezüglich gewonnen?

Ernst: Die Frauen hinterfragen mehr, die wollen die Dinge schon genau wissen, die sie im Training machen sollen. Was ich absolut in Ordnung finde.

Frage: Beim FSV Frankfurt haben Sie dann Ihre heutige Ehefrau, die ehemalige Nationalspielerin Kerstin Pohlmann, kennen gelernt. Gab es durch diese Nähe bestimmte Dinge, die Sie am Frauenfußball noch intensiver kennen- und auch schätzen gelernt haben?

Ernst: Über sie und ihre Zwillingsschwester Dagmar habe ich den Frauenfußball auf hohem Niveau kennen gelernt. Sie haben in der Nationalmannschaft gespielt, sind Deutscher Meister geworden und haben den DFB-Pokal gewonnen. Über sie haben ich den Sport als einen technisch sehr feinen Fußball zu schätzen gelernt, der sehr schön anzusehen ist. Es ist natürlich klar, dass die Frauen nicht die Athletik der Männer haben, aber der Frauenfußball entwickelt sich sehr gut, wird immer schneller.

Frage: Was nötigt Ihnen beim Frauenfußball Respekt ab?

Ernst: Dass die Spielerinnen, die die Pioniere im Frauenfußball waren, sich trotz Widerständen und Kritik nicht haben beirren lassen. Diese Leute sind ihren Weg gegangen, aus Überzeugung, sie sind ihrer Leidenschaft nachgegangen.

Frage: Gibt es Eigenschaften beim Frauenfußball, die Sie beim Männerfußball vermissen?

Ernst: Ich will das eine mit dem anderen nicht vergleichen. Zumal ich den Frauenfußball in einer anderen Situation erlebt habe als den Männerfußball. Mit der Frauen-Nationalmannschaft habe ich ja die absolute Elite kennen gelernt, die, selbst wenn sie Turniere spielt, nur zeitlich begrenzt zusammenkommt. Das ist etwas anderes, wie wenn man über eine komplette Saison und Tag für Tag zusammen ist. Dennoch muss ich sagen, dass es mir imponiert hat, wie fokussiert, konzentriert und bewusst in der Frauen-Nationalmannschaft trainiert wird.

Frage: Sie haben 2006 als Torwart-Trainer der Frauen-Nationalmannschaft gearbeitet. Wie bewerten Sie diese Erfahrung?

Ernst: Die Arbeit hat mir eine Menge Spaß gebracht. Aber die Zeit war – auch wenn sie relativ kurz war – ziemlich lehrreich. Ich habe Einblicke in ein sehr professionell arbeitendes Trainer-Team erhalten. Dank dieses Engagements ist in mir kurzzeitig auch die Hoffnung auf eine Olympia-Teilnahme aufgeflammt, da wollte ich schon als Spieler immer mal dabei sein. Letztlich bin ich dann nicht wirklich lange bei den DFB-Frauen geblieben, weil ich langfristig meine Position hinter dem Schreibtisch und nicht auf dem Trainingsplatz gesehen habe. In diesem Punkt bin ich ganz offen zu Silvia Neid gewesen und habe das Thema daher auch frühzeitig vor der WM 2007 angesprochen. Ich bin auch froh, dass mit Michael Fuchs schnell eine gute andere Lösung gefunden wurde.

Frage: Wenn der FSV Frankfurt Sie anschließend nicht als Manager verpflichtet hätte, wären Sie dann jetzt noch Torwart-Trainer der Frauen-Nationalmannschaft?

Ernst: Das ist eine hypothetische Frage. Ich hatte damals auch andere Angebote. Aber wer weiß, wozu ich mich entschieden hätte, wenn ich ein halbes Jahr ohne Lohn und Brot gewesen wäre.

Frage: Mittlerweile sind Sie Vorstandsmitglied beim VfL Bochum 1848. Wie stark mussten Sie sich dafür machen, dass das rewirpowerSTADION Spielort der WM 2011 wird?

Ernst: Bei der Bewerbung für die WM 2011 haben die Stadt Bochum und der VfL Bochum ein Team gebildet. Wir haben an einem Strang gezogen. Im Verein stehen alle hinter dieser Entscheidung, da musste ich mich nicht sonderlich stark für machen.

Frage: Warum geht der VfL Bochum ein derartiges Engagement im Frauenfußball ein?

Ernst: Es ist sowohl für die Stadt als auch für den Verein eine sehr schöne Gelegenheit sich zu präsentieren. Mit dem Turnier und den Spielen, die dann im rewirpowerSTADION ausgetragen werden, werden wir im Fokus der Weltöffentlichkeit stehen. Die vergangenen Frauen-Weltmeisterschaften haben es ja gezeigt, wie groß das Interesse an diesem Turnier ist.

Frage: Welches Potenzial sehen Sie im Frauenfußball?

Ernst: International ist man auf einem gutem Weg. Man sieht ja, welche Massen der Frauenfußball bewegt. Ich bin überzeugt davon, dass der Frauenfußball mit der WM 2011 zumindest hierzulande in neue Dimensionen vorstoßen wird. Es wird allerdings eine interessante und wichtige Frage sein, ob dieses Niveau auch in der Bundesliga gehalten werden kann. Eine sportlich und wirtschaftlich ausgeglichene Eliteklasse wäre sehr wertvoll.

Frage: Der VfL Bochum hat keine eigene Frauenfußball-Abteilung aber unterhält eine Partnerschaft mit den Frauen der TuS Harpen. Wie wird sie gelebt und welche Zukunft hat sie?

Ernst: Das ist weder ein PR-Gag noch etwas, was wir aus Image-Gründen tun. Der TuS Harpen ist zwar ein eigenständiger Verein, aber das Frauen-Team ist in unseren Trainingsbetrieb integriert, sie erhalten von uns Trikots, Bälle und sonstige Trainingsmaterialien. Wir stehen ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Die Kooperation läuft sehr gut und wird auch in Zukunft mit Leben gefüllt.

Repräsentiert den Spielort Bochum: Thomas Ernst  © Bongarts/GettyImages
Repräsentiert den Spielort Bochum: Thomas Ernst

Frage: Jetzt steht das Russland-Spiel bevor. Genießt es eine besondere Bedeutung mit Blick auf die U 20-WM im kommenden Jahr und die WM 2011?

Ernst: Ganz klar, das wird ein wichtiger Probelauf für uns sein. Wir sind gespannt auf die Resonanz des Publikums. Ich glaube, organisatorisch sind wir in der Lage solche Spiele zu bewältigen, das beweisen wir in der Bundesliga und haben wir bei der U 21-Europameisterschaft 2004 schon gezeigt. Dennoch wird dieses Spiel in dem Sinn wichtig sein, dass wir die Abläufe rund um die Frauen-Nationalmannschaft kennen lernen. Grundsätzlich freue ich mich schon auf diese Partie und hoffe auf eine ordentliche Zuschauerzahl, 20.000 sollten es schon werden.

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