Samstag, 25. Juli 2009

Interview mit Kim Kulig

23.07.2009 14:00 Frauen-Nationalmannschaft DFB.DE EXKLUSIV

Kim Kulig: "Das kommt nicht alles von selbst"

Hofft auf die EM-Teilnahme: Kim Kulig  © Bongarts/GettyImages
Hofft auf die EM-Teilnahme: Kim Kulig

Im Februar feierte Kim Kulig ihr Debüt in der deutschen Frauen-Nationalmannschaft. Gerade mal ein halbes Jahr später will die Mittelfeldspielerin des Hamburger SV mit der DFB-Auswahl bei der EURO 2009 in Finnland antreten.

Mit 19 Jahren wäre sie das Nesthäkchen im Kader. Aber nicht nur auf Grund ihres Alters wäre für Kim Kulig die Teilnahme an der Europameisterschaft etwas ganz Besonderes, sagt sie im DFB.de-Exklusivinterview mit Redakteur Niels Barnhofer.

Frage: Kim Kulig, mit 19 Jahren sind Sie die jüngste Spielerin im vorläufigen Kader für die EURO 2009. Wie wird man als Nesthäkchen im Team behandelt?

Kim Kulig: Das passt schon alles. Man kann viel lernen von den älteren Spielerinnen. Es hilft einfach, erfahrenere Spielerinnen neben sich zu haben, das macht einiges viel leichter.

Frage: Das klingt so, als würden Sie unter einem besonderen Schutz stehen.

Kim Kulig: Vielleicht verzeiht man einer jüngeren Spielerin eher etwas als einer älteren Spielerin, von der man einfach mehr erwartet.

Frage: Ist das auch ein Unterschied zum Verein?

Kim Kulig: Ja, genau. Im Verein bin ich Leistungsträgerin, da steht man eher im Mittelpunkt und muss mehr Verantwortung übernehmen. Was aber nicht heißen soll, dass dies in der Nationalmannschaft nicht der Fall ist. Ganz im Gegenteil: So würde das nicht funktionieren, aber hier sind noch andere namhafte Spielerinnen, die noch mehr im Fokus stehen.

Frage: Welche Privilegien genießen Sie denn als Youngster der Nationalmannschaft?

Kim Kulig (lacht): Das ist eher umgekehrt. Als wir jetzt bei unserem Hauptsponsor ALNO zu einem Kochevent eingeladen waren, musste ich spülen. Oder wenn es raus zum Training geht, darf ich immer die Hütchen tragen. Beim Fünf-gegen-Zwei genieße ich das Privileg, am Anfang immer in der Mitte sein zu dürfen. Also, das sind nicht wirklich Vorteile.

Frage: Wie lehrreich finden Sie denn das Training der Frauen-Nationalmannschaft?

Kim Kulig: Sehr! Man kriegt immer gute Tipps. Wenn man mit einer Linda Bresonik auf der Sechs spielt, erhält man schon sehr hilfreiche Anweisungen.

Frage: Merkt man da einen Unterschied zum Verein?

Kim Kulig: Ja, international wird viel schneller gespielt. Was ja auch nachvollziehbar ist, schließlich sind in der Nationalmannschaft die Besten der Liga versammelt.

Frage: Sind die Trainingsinhalte auch unterschiedlich?

Kim Kulig: Ich finde, der Hauptunterschied besteht darin, dass in der Nationalmannschaft mehr taktisch gearbeitet wird. Die technischen Grundlagen müssen eher im Verein geschaffen werden. Dazu reicht die Zeit in den Lehrgängen des DFB einfach nicht, dazu ist man immer zu kurz zusammen.

Frage: Sie machen zum ersten Mal eine Vorbereitung bei der Frauen-Nationalmannschaft auf ein großes Turnier mit. Wie schmeckt Ihnen das bisher?

Kim Kulig: Das ist eine gute Erfahrung. Ich denke, ich werde anschließend richtig fit sein. Das kann man schon nach dem ersten Lehrgang spüren. Eine Woche ohne Ball zu trainieren, das hatte ich auch noch nie.

Frage: Gab es bei Ihnen auch schon einen toten Punkt in der Vorbereitung?

Kim Kulig: Ja, den gab es am vorletzten Tag des Athletik-Lehrgangs. Da war ich ziemlich platt und hatte einen ordentlichen Muskelkater.

Frage: Wie motivieren Sie sich in solchen Momenten?

Kim Kulig: Nun ja, wir sind am Abend noch in die Sauna gegangen, und danach ging es schon wieder. Aber es hilft, wenn man andere Leute hat, denen es genauso geht. Ich habe mir ein Zimmer mit Alisa Vetterlein geteilt, und es tut echt gut, wenn man sich gegenseitig unterstützt. Das schweißt zusammen, wenn man gemeinsam leidet.

Frage: Welche Rolle spielt es dabei, dass Sie vor Ihrem ersten großen Turnier mit der Frauen-Nationalmannschaft stehen? Welchen Stellenwert hat eine EURO?

Das "Nesthäkchen" im DFB-Team: Kim Kulig vom HSV  © Bongarts/GettyImages
Das "Nesthäkchen" im DFB-Team: Kim Kulig vom HSV

Kim Kulig: Bisher habe ich solche Turniere nur mit der Juniorinnen-Nationalmannschaft gespielt, insofern wäre die Teilnahme an der EURO etwas ganz Besonderes. Da ist das öffentliche Interesse noch viel größer, man steht noch mehr im Mittelpunkt. Die Chance, bei einem solchen Event mitzuspielen, kriegt man nicht oft.

Frage: Legen Sie deshalb noch einmal eine Schippe drauf in der Vorbereitung?

Kim Kulig: Auf jeden Fall. Man will sich ja zeigen. Der Kader für Finnland steht auch noch nicht fest. Es werden schließlich noch vier Spielerinnen aus dem vorläufigen Kader fallen.

Frage: Mit welchen Erwartungen sind Sie in die Vorbereitung gegangen?

Kim Kulig: Natürlich ist es mein großes Ziel, zum Aufgebot in Finnland zu gehören. Aber sicher kann man sich da nicht sein. Ich weiß, dass es schwierig wird, weil wir viele gute Spielerinnen haben, gerade auf meiner Position im zentralen Mittelfeld. Ich denke, alle, die jetzt dabei sind, hätten es verdient mitzufahren. Bei der Entscheidung wird es um Nuancen gehen. Ich werde auf jeden Fall mein Bestes geben.

Frage: Welcher Typ sind Sie in dieser Beziehung: Sind Sie eher die Träumerin, die sich gedanklich schon mal Bilder von der EM ausmalt, oder sind Sie eine Realistin, die die Fakten zusammenzählt?

Kim Kulig: Ich bin eine Mischung aus beidem. Ich stelle mir gerne Sachen vor, die ich erreichen möchte. Aber ich versuche dabei dennoch realistisch zu bleiben. Es bringt nichts, wenn man von etwas träumt, aber nichts dafür macht. Das kommt ja nicht alles von selbst.

Frage: Wie sieht ein Traum aus: Halten Sie da bereits den Pokal in Händen?

Kim Kulig: Nein, ich stelle mir da eher vor, im Team dabei zu sein, zur EURO zu fahren - und dass ich dort zum Einsatz kommen könnte.

Frage: Vorausgesetzt, Sie sind dabei: Mit welchem Abschneiden der Mannschaft rechnen Sie?

Kim Kulig: Schwierige Frage. Die anderen Nationen haben auch sehr viel gemacht, entwickeln sich sehr gut. Das wird eine ganz harte Konkurrenz. Wir werden alles, was wir können, abrufen müssen, vielleicht haben wir dann das Glück, dass wir ziemlich weit kommen. Unser Ziel ist natürlich der Titelgewinn, aber das wird sehr schwer.

Frage: Am 19. August geht es dann Richtung Finnland los. Haben Sie Bammel vor der Reise?

Kim Kulig: Nein, eigentlich nicht.

Frage: Es könnte aber sein, dass Sie dann viel Gepäck tragen müssen, Sie sind schließlich die Jüngste...

Kim Kulig: Das wäre es mir wert.

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